Bei einem Einsteinring (nach Orest Danilowitsch Chwolson auch Chwolsonring) handelt es sich um einen Ring elektromagnetischer Strahlung eines weit entfernten Objekts, der durch die Wirkung der Gravitation einer Galaxie im Vordergrund zustande kommt. Die Galaxie wirkt dabei als Gravitationslinse. Dieses Phänomen wurde von Albert Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorausgesagt.
Bei einer Gravitationslinse sieht der Beobachter das entfernte Objekt mehrfach, weil die Lichtstrahlen auf unterschiedlichen Wegen zu ihm gelangen können. Wenn das Objekt präzise hinter der Linse steht, erscheinen die Bilder als Ringsegmente um die Galaxie– unter idealen Bedingungen kann sogar ein vollständiger Ring entstehen.
Theorie
Entstehung eines kompletten Einstein-Rings(a) und zweier verzerrter Bilder(b) eines entfernten Objekts durch eine als Gravitationslinse wirkende Vordergrundgalaxie. Das einem Beobachter auf der Erde erscheinende Bild ist orange eingezeichnet.
die Entfernung zwischen Linse und abgebildetem Objekt,
die Entfernung vom Beobachter zum als Linse wirkenden Objekt,
die Gesamt-Entfernung vom Beobachter zum abgebildeten Objekt,
der Einsteinradius in Metern.
Der Radius eines Einsteinrings wird Einsteinradius genannt. Er lässt sich nach Einsteins Relativitätstheorie wie folgt berechnen:
Umgeformt nach ergibt sich
.
Falls viel kleiner als ist, ist der Einsteinwinkel und es gilt (Winkel im Bogenmaß)
.
Stehen Linse und abgebildetes Objekt nicht auf einer Linie, sodass statt eines Einsteinrings mehrere Einzelbilder entstehen, dann sind die Abstände zwischen diesen Bildern von der Größenordnung des Einsteinradius. Der Einsteinradius gibt also auch in diesem häufigeren Fall eine Vorstellung von der Ausdehnung des durch die Gravitationslinse erzeugten Effekts.
Für tatsächlich beobachtete Beispiele des Gravitationslinseneffekts ist die ungefähre Größe des Einsteinradius:
Von der Erde aus sind nur wenige Einstein-Ringe zu sehen, weil die Quelle der Strahlung genau hinter der Gravitationslinse stehen muss. Bei den bisher beobachteten Einstein-Ringen liegen die Vordergrundgalaxien in Entfernungen von einigen Milliarden Lichtjahren. Der scheinbare Durchmesser der Einsteinringe liegt zwischen 0,3″ und2″.
Der erste Einstein-Ring (MG 1131+0456) mit einem Durchmesser von 1,75″ wurde 1987 mit dem VLA aufgenommen (Publikation 1988). Bis 2008 wurden mehr als 70Einsteinringe gefunden. Viele wurden bei Himmelsdurchmusterungen entdeckt, von denen einige mit dem Hubble-Weltraumteleskop näher untersucht wurden:
Ein doppelter Einsteinring wurde im Jahr 2008 entdeckt.[1]
Ein solcher doppelter Einsteinring entsteht, wenn zum gleichen Zeitpunkt zwei Galaxien in unterschiedlicher Entfernung hinter der Linsengalaxie stehen. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Konstellation liegt bei etwa eins zu zehntausend. In diesem Fall handelte es sich um drei Galaxien im Abstand von drei, sechs und elf Milliarden Lichtjahren. Die Geometrie der aufgenommenen Objekte erlaubt Rückschlüsse auf die Schwerkraft und damit die Masse der ablenkenden (mittleren) Galaxie, die zu einer Milliarde Sonnenmassen bestimmt werden konnte:[2]
Doppelter Einsteinring SDSS J0946 1006
Weitere Beispiele
B1938+666: Wurde 1992 von Patnaik et al. als Gravitationslinsen-System entdeckt. Später wurde mit dem „Merlin“ (Multi-Element Radio Linked Interferometer), einem Verbund aus Radioteleskopen in Großbritannien und dem Hubble-Weltraumteleskop, ein Einsteinring bei dieser Linse entdeckt (King et al., 1997 / 1998).
2018 wurde an der nahen Galaxie ESO 325-G004 ein Einsteinring vermessen. Indem die Masse dieser Galaxie bestimmt wurde, konnte Einsteins Relativitätstheorie mit einer Genauigkeit von 9% bestätigt werden. Eingesetzt wurde die Europäische Südsternwarte (ESO) und das Hubble-Teleskop.[3][4]
Einen der größten bekannten Einsteinringe bildet die Galaxie MACS J7017.5+3745.[5]
R. Gavazzi et al.:The Sloan Lens ACS Survey. VI: Discovery and analysis of a double Einstein ring. In: Astroph. Journ. Band677, 2008, S.1046–1059, bibcode:2008ApJ...677.1046G.
Adi Zitrin, Tom Broadhurst, Yoel Rephaeli, Sharon Sadeh: "The Largest Gravitational Lens: MACS J0717.5+3745 (z = 0.546)", The Astrophysical Journal, 707:L102-L106, 2009 December 10. (pdf)
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