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Erwin Finlay-Freundlich (* 29. Mai 1885 in Wiesbaden-Biebrich; † 24. Juli 1964 in Wiesbaden) war ein deutscher Astrophysiker.

Einsteinturm auf dem Telegrafenberg in Potsdam.
Einsteinturm auf dem Telegrafenberg in Potsdam.

Leben


Freundlich war der Sohn einer schottischen Mutter, Ellen Elizabeth Finlayson, und des Friedrich Philipp Ernst Freundlich, dem Direktor einer Eisengießerei in Wiesbaden-Biebrich. Sein Bruder war der Chemiker Herbert Finlay Freundlich. Er promovierte 1910 in Göttingen bei Felix Klein über ein Problem der analytischen Funktionentheorie und wurde danach Assistent an der Berliner Sternwarte, wo er mit Routinemessungen betraut war.

1911 hatte der junge Physiker an der Karls-Universität Prag, Albert Einstein, eine Version der späteren Allgemeinen Relativitätstheorie veröffentlicht: Über den Einfluss der Schwerkraft auf die Ausbreitung des Lichtes (Ann. Phys. 35 (1911) 898). Er sagte eine Ablenkung von Lichtstrahlen, die tangentiell den Sonnenrand streifen, von lediglich 0".85 Bogensekunden voraus. (In der Endfassung von 1915/6 erhöht sich der Wert auf 1".75 durch Berücksichtigung der Raumkrümmung.) Sein Kollege, der Astronom Leo Wenzel Pollak, suchte Astronomen, die diesen Effekt beobachten sollten. Alle erfahrenen Astronomen sahen keine Chance. Freundlich, der der stupiden Routinetätigkeit entfliehen wollte, nahm die Herausforderung begeistert an. Damit begann eine lange Zusammenarbeit mit Einstein.

Zuerst versuchte er, die Ablenkung von Lichtstrahlen im Schwerefeld der Sonne aus alten Sonnenfinsternisfotoplatten zu ermitteln. Dies schlug fehl, da die Aufnahmen für andere Ziele optimiert waren. Doch durch die Veröffentlichung des negativen Resultats 1913, zwei Jahre vor der Publikation der endgültigen Version der Allgemeinen Relativitätstheorie, wurden die Ideen des noch relativ unbekannten Professors an der Karls-Universität Prag in Kreisen deutscher Astronomen bekannt. Bei der Sonnenfinsternis vom 21. August 1914 in Russland wollte er dann den experimentellen Beweis erbringen. Die Expedition wurde konkret ab April 1914 vorbereitet und auch durchgeführt, scheiterte jedoch am Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Freundlich wurde in Russland interniert. Auch bei weiteren Sonnenfinsternisexpeditionen bis 1954 konnten keine zufriedenstellenden Resultate erbracht werden, oft verhinderte das schon das Wetter.

Nach Deutschland zurückgekehrt, setzte sich Freundlich sehr für den Bau eines Sonnenobservatoriums ein, das als Einsteinturm in Potsdam errichtet wurde. Der cellospielende Freundlich lernte über die Cellistin Luise Maas deren Gatten, den Architekten Erich Mendelsohn kennen, der den Einsteinturm erbaute. Freundlich leitete später das zum Observatorium gehörige Einstein-Institut, einen Teil des Astrophysikalischen Observatoriums (AIP). Der von der Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagte Effekt der Rotverschiebung von Spektrallinien im Schwerefeld der Sonne konnte allerdings nicht nachgewiesen werden. 1929 leitete er eine Sonnenfinsternis-Expedition nach Sumatra, an der u. a. Walter Grotrian teilnahm.

1933 musste Freundlich Deutschland verlassen, da er durch seine jüdische Großmutter väterlicherseits unter § 3 des „Berufsbeamtengesetzes“ fiel, den „Arierparagraphen“. Bis 1937 leitete er das Astronomische Institut der Universität Istanbul, wo er Vorlesungen hielt, in Zusammenarbeit mit Wolfgang Gleißberg neue Lehrbücher erarbeitete und auch ein Sonnenobservatorium aufbaute. Bis 1939 hatte er einen Lehrstuhl an der Karls-Universität Prag.

Über Holland gelangte er auf Empfehlung von Arthur Stanley Eddington an die Universität St Andrews, wo er ein Observatorium aufbaute. Von 1951 bis 1959 hatte er den John-Napier-Lehrstuhl für Astronomie inne.

Die Messungen zur Ablenkung des Lichts am Sonnenrand bei Sonnenfinsternissen hatten die Allgemeine Relativitätstheorie bestätigt, doch gab es ein Problem: Der gemessene Wert der Ablenkung lag etwas höher als der theoretische Wert von 1".75. Freundlich versuchte zeit seines Lebens, den Grund zu ermitteln. Dabei entfernte er sich nicht nur immer weiter von den allgemein anerkannten Theorien, sondern geriet im Kreise seiner Kollegen auch immer weiter ins Abseits. So schlug er z. B. 1953 mit Max Born eine alternative Theorie zur Rotverschiebung der Galaxien vor. (Die Temperatur des Universums wurde dabei im Bereich 1,9 bis 6 K berechnet.) Gegen Ende seines Lebens bestätigten dann Radioastronomen den theoretischen Wert. 1941 wurde er zum Mitglied der Royal Society of Edinburgh gewählt.[1]

Nach seiner Pensionierung kehrte er nach Deutschland zurück. Er ließ sich in seiner Geburtsstadt Wiesbaden nieder und lehrte als Honorarprofessor an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz.

1970 wurde ein Mondkrater nach ihm benannt (Mondkrater Freundlich) und 2022 ein Asteroid ((9873) Freundlich).


Familie


1913 heiratete er die Jüdin Käte Hirschberg. Die Ehe blieb kinderlos und nach dem Tod der Schwester seiner Frau adoptierten sie deren Kinder Hans und Renate.


Veröffentlichungen (Auswahl)



Literatur



Siehe auch





Einzelnachweise


  1. Fellows Directory. Biographical Index: Former RSE Fellows 1783–2002. Royal Society of Edinburgh, abgerufen am 6. Dezember 2019.
Personendaten
NAME Freundlich, Erwin
ALTERNATIVNAMEN Finlay-Freundlich, Erwin (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Astrophysiker, Bruder von Herbert Finlay Freundlich
GEBURTSDATUM 29. Mai 1885
GEBURTSORT Wiesbaden-Biebrich
STERBEDATUM 24. Juli 1964
STERBEORT Wiesbaden

На других языках


- [de] Erwin Freundlich

[en] Erwin Finlay-Freundlich

Erwin Finlay-Freundlich FRSE FRAS (German: [ˈfʀɔɪntlɪç]; 29 May 1885 – 24 July 1964) was a German astronomer, a pupil of Felix Klein. Freundlich was a working associate of Albert Einstein and introduced experiments for which the general theory of relativity could be tested by astronomical observations based on the gravitational redshift.

[es] Erwin Finlay-Freundlich

Erwin Finlay-Freundlich (29 de mayo de 1885 - 24 de julio de 1964) fue un astrónomo, matemático y físico alemán, discípulo de Felix Klein. Trabajó en asociación con Albert Einstein e introdujo experimentos que sirvieron para comprobar la teoría general de la relatividad mediante observaciones basadas en el desplazamiento al rojo gravitacional.[1]

[it] Erwin Finlay-Freundlich

Erwin Finlay-Freundlich (Biebrich (Wiesbaden), 29 maggio 1885 – Wiesbaden, 24 luglio 1964) è stato un astronomo tedesco.

[ru] Финлей-Фройндлих, Эрвин

Э́рвин Фи́нлей-Фро́йндлих (или Финлей-Фрейндлих, нем. Erwin Finlay-Freundlich, 1885—1964) — немецкий астроном. Принимал участие в обсуждении и проверке общей теории относительности.



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