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Eberhard Christian Kindermann (* um 1715 in Weißenfels, damals Herzogtum Sachsen-Weißenfels, heute Sachsen-Anhalt; † 2. Hälfte des 18. Jh.) war ein weniger bekannter kursächsischer Hofastronom und Mathematiker.

Die Geschwinde Reise auf dem Lufft-Schiff, Titelblatt (1744).
Die Geschwinde Reise auf dem Lufft-Schiff, Titelblatt (1744).

Leben


Er wuchs in Weißenfels auf, besuchte ab 1733[1] das dortige Gymnasium illustre Augusteum und war Schüler von Christian Ludewig Büttner und Heinrich Engelhard Poley, dem deutschen Übersetzer der Werke von John Locke. Er hielt sich nach Abschluss der Schulausbildung vermutlich Ende der 1730er und Anfang der 1740er Jahre in Leipzig auf und konnte aus pekunären Gründen kein richtiges Universitätsstudium aufnehmen, was man heute aus seinen legitimatorischen Äußerungen in den Vorreden seiner Schriften annimmt. Als Autodidakt sah er sich offensichtlich gezwungen seine Forschungen als Laie immer wieder zu verteidigen. Er schloss sich dem Kreis um Johann Christoph Gottsched an und nahm dann eine Stelle als Sekretär in Dresden an.[2]

Er ist nach Russland gegangen, war Schwiegervater von Georg Moritz Lowitz[3] und Deutschlehrer in Moskau.[4]


Erster deutschsprachiger Science-Fiction-Autor


Im Jahr 1739 veröffentlichte er seine erste astronomische Arbeit, die Reise in Gedancken durch die eröffneten allgemeinen Himmels-Kugeln,.... Dem folgte 1744 eine vollständige Überarbeitung als Vollständige Astronomie,... und dann im gleichen Jahr in Berlin Die Geschwinde Reise auf dem Lufft-Schiff nach der obern Welt, welche jüngsthin fünff Personen angestellet..., das erste und einzige literarische Werk von ihm. Diese Reise führte die Personen in den allegorischen Gestalten der fünf Sinne in einem Schiff aus Sandelholz auf den ersten Mars-Mond. Diese kurze Abhandlung, sein Hauptwerk, wird allgemein als erster Science-Fiction-Text in deutscher Sprache angesehen und ist repräsentativ für die Science-Fiction Literatur im 18ten Jahrhundert, welche schon vor 1744 in Frankreich und England begonnen hatte.


Handlung


Kindermann legt besonderen Wert auf die technischen Aspekte der phantastischen Reise wie Beobachtung der Himmelskarte oder eine Berechnung der Entfernung der Erde vom Mars. Die Fahrt durch die verschiedenen Sphären, die vier Elemente sowie die Zonen der Apokalypse wird den Reisenden möglich gemacht durch sechs luftentleerte Kupferkugeln, die nach den Ideen des italienischen Jesuiten Francesco Lana Terzi gebaut wurden. Dessen Vorstellungen in einer 1670 veröffentlichten Darstellung beruhte auf den Entdeckungen von Otto von Guericke bezogen auf das Vakuum. Die Handlung ist voller Allegorien aus der griechisch-römischen Mythologie. Es kommt zum Beispiel zu Begegnungen mit Fama und der Göttin Bellona. Der Erzählstil ist typisch für den Barock und schildert eine religiöse Utopie in der die Marsianer direkt mit Gott verkehren und nicht über das vermittelnde Medium der Bibel. Diese engelsgleichen Wesen bewohnen neben Kentauren und Faunen die Monde des Mars sind jedoch nicht frei von Sünden.


Rezeption und Nachspiel


Kindermann wird als bedeutend für die autodidaktische Bildung von Johann George Palitzsch genannt.[5]

Der fränkische Schriftsteller und Aufklärer Carl Ignaz Geiger veröffentlichte 1790 den Kurzroman Reise eines Erdbewohners in den Mars. Im Unterschied zu seinem Vorgänger Kindermann nahm sich Geiger keine Zeit zur Beschreibung und Erklärung des Luftschiffs, „um nicht, wie irgend ein teutscher Reisebeschreiber, durch die Beschreibung meines Fahrzeuges, beinahe den halben Raum meines Buches auszufüllen.“ Seine Begründung kann als Seitenhieb auf Kindermann gelesen werden.[6]

Im Jahre 1783 haben die Gebrüder Montgolfier zum ersten Mal eine Luftfahrt in einem Ballon mittels erhitzter Luft unternommen. Die Marsmonde wurden erst 1877 von dem Astronomen Asaph Hall entdeckt.


Werk


Titelblatt des Buches Vollständige Astronomie,...
Titelblatt des Buches Vollständige Astronomie,...

Literatur





Einzelnachweise


  1. Weißenfelser hilft russischem Reich Mitteldeutsche Zeitung, 22. April 2000
  2. Martin Mulsow: Freigeister im Gottsched-Kreis: Wolffianismus, studentische Aktivitäten und Religionskritik in Leipzig 1740-1745. Wallstein Verlag, Göttingen 2007, ISBN 978-3-8353-0202-0, S. 100 ff. (239 S., eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. siehe Deutsches Museum , 2. St. Febr. 1776, S. 184f und Alexander Nicolaus Scherer: Worte der Erinnerung an das Leben und die Verdienste von Tobias Lowitz: gesprochen in der ... Hauptversammlung der pharmaceutischen Gesellschaft zu St. Petersburg am 12. Dez. 1819 Verlag Schnoor 1820, S. 10
  4. Kristine Koch: Deutsch als Fremdsprache im Rußland des 18. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte des Fremdsprachenlernens in Europa und zu den deutsch-russischen Beziehungen, Band 1 von Die Geschichte des Deutschen als Fremdsprache. Verlag Walter de Gruyter 2002, S. 200
  5. "... Indessen war ihm dieses Buch doch nach seinem eignen Geständnisse sehr willkommen ..", (anonym): Schattenrisse edler Teutschen. Band 3, Halle 1784, S. 202
  6. Der Rote Planet: Life on Mars? Zur Intertextualität der drei Marsromane Geschwinde Reise auf dem Lufft-Schiff, Reise eines Erdbewohners in den Mars und Reise eines Marsbewohners auf die Erde.
  7. Enthält: Vorwort des Hg.: Was ist Sciencefiction; die Version von 1744 S. 37–88; Neuversion durch Hg. erstellt; Nacherzählung durch den Hg.- Im Internet-Handel online les- oder durchsuchbar
Personendaten
NAME Kindermann, Eberhard Christian
KURZBESCHREIBUNG deutscher Amateurastronom und Mathematiker
GEBURTSDATUM 18. Jahrhundert
GEBURTSORT Weißenfels, Thüringen
STERBEDATUM 18. Jahrhundert



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