Johann „Hans Moritz“ Graf von Brühl (* 20. Dezember 1736 in Wiederau; † 9. Juni 1809 in London) war ein deutscher (kursächsischer) Diplomat, Wissenschaftler und Schachspieler in London, wo er als John Maurice, Count of Bruhl bekannt wurde.
Er stammt aus dem sächsisch-thüringischen Adelsgeschlecht Brühl und war der Sohn von Friedrich Wilhelm Graf von Brühl auf Martinskirchen, Wartenburg und Bedra, dem älteren Bruder des Premierministers Heinrich von Brühl.[1] Er und sein Vetter Hans Moritz von Brühl tragen den Namen Hans Moritz.[2]
Er studierte 1750 bis 1754 in Leipzig, wo er in den Schriftstellern Christian Gellert einen väterlichen Freund fand[3] und mit Johann Friedrich von Cronegk befreundet war.[4]
Im Jahre 1755 übernahm er im Alter von 19 Jahren in Paris diplomatische Aufgaben,
„... und unterstützte daselbst hauptsächlich seine Landsleute, die während des damahligen Krieges {Siebenjähriger Krieg} ihre Zuflucht zu ihm nahmen. Im Jahre 1759 ward er nach Warschau {bis 1763 war der Kurfürst von Sachsen auch König von Polen} berufen, wo er zum Kammerherrn und Landes-Hauptmann in Thüringen ernannt ward. ... Im J. 1778 ernannte der Churfürst ihn zu seinem wirklichen geh. Rathe ...“[5]
Im Herbst 1764 wurde er Gesandter in London.[6]
1767 heiratete er Alicia Maria Carpenter, Countess of Egremont, später Countess Brühl (1729–1794)[7] und 1796 Maria Chowne.[8][9] Aus der ersten Ehe entstanden zwei Kinder. Der einzige Sohn Georg Graf von Brühl (1768–1855), ebenfalls ein bekannter Schachspieler, blieb unverheiratet.[10] Ihre Tochter Henriette Gräfin von Brühl (1772–1853) heiratete Sir Hugh Scott.[11]
H. M. von Brühl war ein beliebter, in der Presse oft erwähnter Förderer von Kunst und Wissenschaft[12] – auch gesellschaftlich ein Freund der Aufklärung.[13]
Zur Gründung der Leipziger Ökonomischen Societät am 26. Mai 1764 wurde er eines der drei Ehrenmitglieder[14] – seine Berichte und Meinungen zur „Neuen Wissenschaft“, der „Staats-Wirthschaft“ (Volkswirtschaftslehre) waren gefragt.[15][16]
Wissenschaftler
Im Jahre 1765 wurde Brühl Mitglied der Royal Society.[17] Ab 1785 war er Ehrenmitglied der Göttinger Akademie[18] und ab 1793 auch der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg.[19] Gewürdigt wurden später vor allem seine Beiträge zur Entwicklung der Chronometrie für die genaue Bestimmung des Längengrads, seine astronomischen Kenntnisse und die internationale Vermittlung von Wissen und Personen.[20]
Sie kamen 1785 nach „Deutschland“[22] und Brühl empfahl seinem Schachfreund Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg den jungen Gelehrten für die Sternwarte Gotha[23]
die Vermittlung von Chronometern für den Mathematisch-Physikalischen Salon in Dresden, die einen bedeutenden Ausgangspunkt für die heute berühmte Glashütter Uhrenproduktion setzte[24]
„Count de Bruhl“[26] war neben Philidor, Verdoni und George Atwood einer der berühmtesten Schachspieler seiner Zeit, von dem mehrere Partien überliefert sind.[27]
Veröffentlichungen
Comparaison de l'impôt de France avec celui d' Angleterre. London 1766[28]
Recherches sur divers Objets de l'Économie Politique. Dresden 1781; deutsch: Untersuchungen über verschiedene Gegenstände der Staatswirthschaft. Gera 1783
Three Registers of a Pocket Chronometer. London 1785; deutsch: Drei Tagebücher über ein Taschen-Chronometer ... in: Für Aeltere Litteratur und Neuere Lectüre. Leipzig 1785, 3. Jg., 5. Heft, S. 82–108
Latitudes and Longitudes of several Places ascertained. London 1786
Nouveau Journal du Chronomètre. London 1790
Vorwort in Bergasse: Betrachtungen über den thierischen Magnetismus. Dresden 1790
Anhang A short Explanation of the most proper Methods of calculating a mean Daily Rate. zu T. Mudge junior: Reply to Dr. Maskelyne. 1792
A Register of Mr. Mudge's Timekeepers. London 1794
On the Investigation of Astronomical Circles. London 1794; übersetzt mit Zusätzen von Franz Xaver von Zach in: Carl Friedrich Hindenburg: Archiv der reinen und angewandten Mathematik. 3. Heft, Leipzig 1795, S. 257–308
Karl Christian Canzler, August Gottlieb Meißner (Hrsg.): Für Aeltere Litteratur und Neuere Lectüre. Leipzig 1783–1785.
Übersetzungen:
Ecole de l' officier. Paris 1770, Übersetzung von Gottlob Friedrich von Brück: Vortheile eine Situation zum militärischen Gebrauch aufzunehmen und zu zeichnen, wie auch die nützlichsten Feldschanzen zu tractiren und zu bauen. Dresden 1767[29]
Bildnisse
Gemälde im Petworth House des britischen National Trust
Porträtgemälde im Speisesaal von Schloss Gaußig in Sachsen
Kupferstich von Conrad Westermayr mit Beschreibung, in: Franz Xaver von Zach (Hrsg.): Allgemeine geographische Ephemeriden. Band 4, Weimar 1799, als Frontispiz vor Seite 81
Literatur
Herbert Dittrich: Erfinder und Visionäre: die Pioniere der Präzisionsuhren-Herstellung in Dresden und Glashütte. Dresden 2009, S. 107–119
S. R. Ranganathan: Centenaries. in: Current Science, Dezember 1936, S. 329 (Indien, engl.)
Zur Genealogie siehe Europäisches genealogisches Handbuch. 2. Teil, Leipzig 1782, S. 137; Brühl der Paul Theroff’s Royal Genealogy Site.; Graf Hans Moritz Brühl auf thepeerage.com,abgerufen am 14.September 2016. ; Eintrag bei GeneAll.net (abgerufen 16. Februar 2014)
Christian Fürchtegott Gellert: Gedichte, Geistliche Oden und Lieder. Band 2 von Gesammelte Schriften, Hrsg. von Bernd Witte, 1997, S. 89, S. 380 Komm. 26/27, S. 387
Gedicht an Brühl in: Des Freyherrn Johann Friederich von Cronegk Schriften. Leipzig 1771; Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände. Band 2, Leipzig 1830, S. 243
Fortgesetzte neue genealogisch-historische Nachrichten ... 47. Theil. Leipzig 1766, S. 854; Churfürstlich-Sächsischer Hof- und Staatscalender. 1777, S. 96
Letters written by the ... Earl of Chesterfield to his son. London 1800, S. 297f; Gemälde der Ehefrau des National Trust (engl.); eine Tochter (Harriet Moritz, Lady Polwarth Gemälde des National Trust) und „...sein einziger Sohn, ... Graf Georg, geb. 1768, lebte unvermählt in England, wo er 1855 zu Chingford in Essex starb...“ aus: Pierer's Universal-Lexikon 1857 sind bekannt (abgerufen 14. Februar 2014)
Siehe z.B. Eintrag bei franklinpapers.org (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive) mit Briefen an Benjamin Franklin (abgerufen 14. Februar 2014)
William Berry, County Genealogies: Pedigrees of the Families in the County of Sussex, S.133 Hier: Elisabeth
Als Beispiel seiner Beliebtheit: „Comte Brühl is much in fashion here“, Letters written by the ... Earl of Chesterfield to his son. London 1800, S. 255
Z.B. schrieb er sehr devot an den Bürgerlichen Benjamin Franklin, nannte den Bauern Palitzsch in zum Druck vorgesehenen Briefen „Unser Freund“ (z.B. Für aeltere Litteratur und neuere Lectüre. 1784, 1. Jg., 3. Heft, S. 243–252), hier auch über die „Versuche mit Sphären“ (Ballonfahrten (engl. Wikipedia)) und den Schachtürken
Leipziger Intelligenz-Blatt auf das Jahr 1764.S. 220
Zur Bedeutung der Ökonomie: Aufklärung#Ökonomie und neue Fakultäten
Z.B. Für aeltere Litteratur und neuere Lectüre. 1784, 1. Jg., 3. Heft, S. 226–242; Georg Andreas Will: Versuch über die Physiokratie. Nürnberg 1782, S. 46; Schreiben an Brühl in: Schriften über Staatswirtschaft und Handlung. Band 3, 1784, S. 472–482
Z.B. von Johann Gottfried Köhler in den Philosophical Transactions 1787 (77), S. 47 und von Wilhelm Herschel nach Mitteleuropa: Magazin für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte. Band 6, Gotha 1789, S. 182f
Z.B. gemeinsam im Besucherbuch der Mannheimer Sternwarte 3. November 1785
Siehe Peter Brosche: Der Astronom der Herzogin. in: Die Zeit. 36/1982, S. 48; Angus Armitage: Baron von Zach and his astronomical correspondence. in: Popular Astronomy. Band 57, 1949, ab S. 328 Mitte; zu „Schachfreund“ DVW-nachrichten. 2/2005, Seite n-20 Mitte oben (Memento vom 5. Februar 2016 im Internet Archive) (abgerufen 16. Februar 2014)
Siehe Anzeige der Zeitschrift Für aeltere Litteratur und neuere Lectüre. 1784, 3. Heft (S. 243) in: Johann Christoph Adelung: Allgemeines Verzeichniß neuer Bücher. 8. Band, 1. Stück, Leipzig 1784, S. 288
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