astro.wikisort.org - Forscher

Search / Calendar

Erhard Weigel (* 16. Dezember 1625 in Weiden in der Oberpfalz; † 21. März 1699 in Jena) war ein deutscher Mathematiker, Astronom, Pädagoge, Philosoph und Erfinder.

Erhard Weigel 24-jährig (1649) von Pietro della Vecchia
Erhard Weigel 24-jährig (1649) von Pietro della Vecchia

Leben und Wirken


Erhard Weigel, voraus­berechnete Kartendarstellung des Mondschatten­verlaufs am 2. Augustjul. / 12. August 1654greg.
Erhard Weigel, voraus­berechnete Kartendarstellung des Mondschatten­verlaufs am 2. Augustjul. / 12. August 1654greg.
Erhard Weigel 30-jährig (1655)
Erhard Weigel 30-jährig (1655)

Erhard Weigel war der Sohn des Tuchmachers Michael Weigel (1591–1637) und dessen Frau Anna geb. Walthier (1589–1653). Drei Jahre nach der Geburt floh die Familie aus der von katholischen Truppen besetzten Oberpfalz und zog nach Wunsiedel. Hier wuchs Weigel auf und besuchte die Lateinschule. 1644–1646 besuchte er das Gymnasium in Halle (Saale), das damals von Christian Gueintz als Rektor geleitet wurde, und arbeitete nebenher bei dem Astrologen Bartholomäus Schimpfer, der ihn auch mathematische Grundlagen der Astronomie lehrte. Ab 1647 studierte er an der Universität Leipzig. 1650 erwarb er den Magister Artium.

Weigel promovierte 1652 in Leipzig bei Philipp Müller. 1653 wurde er Professor der Mathematik an der Universität Jena. Neben seiner dortigen Lehrtätigkeit beaufsichtigte er 1660 den Neubau des Jenaer Schlosses. 1661 wurde er zum Oberbaudirektor ernannt. 1688 erhielt er den Titel eines Kaiserlichen Rates. Weigel beteiligte sich auch an den organisatorischen Aufgaben der Jenaer Hochschule So war er Dekan der philosophischen Fakultät und in den Sommersemestern 1657, 1675, 1695 Rektor der Alma Mater.

Ab 1684 verwirklichte er seine pädagogischen Ansichten in einer Kunst- und Tugendschule, die in seinem Haus untergebracht war.

In seinen späten Jahren bemühte er sich um eine Vereinheitlichung des Kalenderwesens. 1696–1697 reiste er nach Dänemark und Schweden, um diese protestantischen Länder auch für seine Kalenderreform zu gewinnen. 1697 unterbreitete er dem Reichstag in Regensburg einen Vorschlag zur Vereinheitlichung des Kalenderwesens in Deutschland, da in den katholischen Gebieten der Gregorianische Kalender und in den protestantischen Gebieten der Julianische Kalender in Anwendung war. Um den erbitterten Widerstand der evangelischen Geistlichkeit gegen den katholischen Kalender zu überwinden, schlug er eine alternative Berechnung des Osterdatums vor – nicht basierend auf den von Papst Gregor XIII. dekretierten Epakten, sondern abgeleitet aus den von dem Protestanten Johannes Kepler berechneten Rudolfinischen Tafeln. Auch schlug er die Berufung eines Collegium Artis Consultatorum vor, einer Akademie und Patentanstalt als Reichsbehörde. Kurz nach seinem Tod nahmen die evangelischen Landstände am 23. September 1699 in Regensburg den Verbesserten Reichskalender an, der im Wesentlichen Weigels Vorschlag entsprach. Allerdings hatte man übersehen, dass die katholische und die evangelische Berechnung des Osterdatums zu verschiedenen Ergebnissen führen kann. Zuerst Johann Leonhard Rost machte 1723 bekannt, dass für 1724 (und auch für 1744) unterschiedliche Ostersonntage auftreten. Erst Friedrich der Große bestimmte 1775 für Preußen, dass die Gregorianische Berechnung anzuwenden sei. Die anderen evangelischen Gebiete folgten ohne erneute Diskussion auf einem Reichstag.

2003 wurde in Jena die Erhard-Weigel-Gesellschaft gegründet. Die IAU ehrte ihn mit der Benennung des Mondkraters Weigel und des Asteroiden (9315) Weigel.


Schüler, Anhänger und Freunde


Erhard Weigel im Alter von 63 Jahren, Stich von Elias Nessenthaler
Erhard Weigel im Alter von 63 Jahren, Stich von Elias Nessenthaler

Ein wesentliches Moment in Weigels Wirken besteht darin, dass er als Impulsgeber innerhalb der Gelehrtenrepublik der Frühen Neuzeit gilt. Der von ihm ausgehende Wissens- und Methodentransfer vollzog sich dabei über ein ausgedehntes personelles Beziehungsgefüge unter den Gelehrten der damaligen Zeit. Die enorme Ausstrahlungskraft seiner Lehrtätigkeit an der Jenaer Universität während der Barockzeit lässt ihn als brillanten Lehrer hervortreten und machte Jena während der Barockzeit zu einem anregenden Ausgangsort wissenschaftlicher Innovation.

So scharte Weigel eine große Zahl von Schülern und Gleichgesinnten um sich, die ihrerseits in vielfältiger Weise schöpferisch und selbständig wirksam wurden. Geprägt durch sein wissenschaftliches Vorbild waren diejenigen, die bei ihm studierten, später auf angesehenen Positionen über ganz Europa verteilt tätig, sei es in kirchlichen Ämtern, als Lehrer an Gymnasien, an Universitäten oder in diplomatischen Kreisen.

Zu Weigels Studenten zählen sehr bedeutende aber auch zahlreiche, die heute relativ unbekannt sind, in ihrer Zeit jedoch eine angesehene Stellung bekleideten. Zu seinem Schülerkreis gehörte jedoch unter anderem Gottfried Wilhelm Leibniz, der 1663 von Leipzig nach Jena kam, sowie Samuel von Pufendorf, Gottfried Kirch, Johann Christoph Sturm und Georg Christoph Eimmart.

Siehe Hauptartikel: Liste der Schüler Erhard Weigels


Erfindungen


Mit einem ausgeprägten Sinn für praktische Anwendungen entwickelte und konstruierte Weigel zahlreiche Vorrichtungen, Apparate und Modelle. Darunter befanden sich aus heutiger Sicht wohl etliche recht ausgefallene technische Spielereien, aber auch einige durchaus nützliche Geräte, Hilfsmittel und Instrumente. Allerdings ist der Begriff „Erfindung“ für die Zeit Weigels weiter zu fassen, als heute allgemein üblich.

Weigels Erfindergeist richtete sich vor allem an praktischen Anwendungen wie auch an pädagogischen Zwecken aus, denen seine Erfindungen dienlich sein sollten. Darüber hinaus engagierte Weigel sich als „populariser of science“. Auch diesem Ziel waren viele seiner Entwicklungen gewidmet.

Weigel selbst bezeichnete seine Erfindungen und Innovationen beispielsweise als „Kunst-Erfindungen“[1] oder „Mathematische Kunst-Übungen“[2] und sah sich mit seinen Erfindungen stets dem Wohl des Gemeinwesens verpflichtet.[3]

Zu seinen bedeutendsten Konstruktionen gehören das Astrodicticum simplex zum Auffinden von Sternen und Sternenkonstellationen am Sternenhimmel, seine heraldischen Himmelsgloben, eine „Schnellpresse“ für den Buchdruck, zu deren Funktionsweise er aus ethisch-sozialen Gründen allerdings nichts veröffentlicht hat, sowie die technischen Vorrichtungen, mit denen sein Haus, die „Weigeliana Domus“, ausgestattet war.


Das Weigelsche Haus


Das Weigelsche Haus in einer schematischen Darstellung von Benedictus Georgi (1669)
Das Weigelsche Haus in einer schematischen Darstellung von Benedictus Georgi (1669)

Eines der „Sieben Wunder“ Jenas war das 1898 zur Verbreiterung einer Straße abgerissene Weigelsche Haus (Weigeliana Domus). Es stand bei der Stadtkirche und verdankte seinen Ruhm Erhard Weigel. Er ließ viele technische Finessen einbauen, unter anderem eine Weinleitung aus dem Keller und einen Aufzug mit Flaschenzugprinzip. Der Aufzugschacht konnte mit schwarzen Tüchern verhängt werden, zur Sternbeobachtung auch am Tage. In unseren Breiten können jedoch Sterne frühestens in der Dämmerung gesehen werden. Durch den senkrechten Schacht sind nur Sterne im Zenit zu beobachten, und über Jena passieren keine ausreichend leuchtstarken Sterne den Zenit.


Ausstellungen



Werke


Ausgaben des 17. und 18. Jahrhunderts

Moderne Ausgaben


Literatur




Commons: Erhard Weigel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Erhard Weigel – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise


  1. Erhard Weigel: Neu-erfundener Hauß-Rath, so wohl zur Nothdurfft, als zur Lust und Bequemlichkeit zu gebrauchen. Jena 1672, Titelseite.
  2. Erhard Weigel: Mathematische Kunst-Übungen. in: Erhardi Weigelii P.P. Idea Matheseos Universae : cum Speciminibus Inventionum Mathematicarum. Jenae 1669, S. 69–84, hier S. 69.
  3. Erhard-Weigel-Gesellschaft: Erschließung des Werkes durch die Sekundärliteratur. Abgerufen am 20. November 2018.
  4. ThULB Jena: Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716). Leben, Werk, Wirkung, abgerufen am 16. April 2016
Personendaten
NAME Weigel, Erhard
KURZBESCHREIBUNG deutscher Mathematiker und Philosoph
GEBURTSDATUM 16. Dezember 1625
GEBURTSORT Weiden in der Oberpfalz
STERBEDATUM 21. März 1699
STERBEORT Jena

На других языках


- [de] Erhard Weigel

[en] Erhard Weigel

Erhard Weigel (16 December 1625 – 20 March 1699) was a German mathematician, astronomer and philosopher.

[es] Erhard Weigel

Erhard Weigel (Weiden in der Oberpfalz, 1625 - Jena, 1699), fue un matemático, astrónomo y filósofo alemán.

[it] Erhard Weigel

Erhard Weigel (Weiden in der Oberpfalz, 16 dicembre 1625 – Jena, 20 marzo 1699) è stato un astronomo, matematico e filosofo tedesco.



Текст в блоке "Читать" взят с сайта "Википедия" и доступен по лицензии Creative Commons Attribution-ShareAlike; в отдельных случаях могут действовать дополнительные условия.

Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.

2019-2025
WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии