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Zwergnovae (U-Geminorum-Sterne) gehören zur Klasse der kataklysmischen Doppelsternsysteme und damit zu den Veränderlichen. Sie zeichnen sich durch mehrfache Eruptionen aus, bei denen sich die scheinbare Helligkeit des Sterns kurzfristig um etwa 2 bis 8 mag ändert. Der Begriff Zwergnova wird sowohl für das astronomische Ereignis des Helligkeitsanstiegs als auch für die Sternklasse verwendet, in der diese Ereignisse stattfinden.

UV-Aufnahme der Zwergnova Z Camelopardalis
UV-Aufnahme der Zwergnova Z Camelopardalis
Künstlerische Darstellung einer Zwergnova
Künstlerische Darstellung einer Zwergnova

Zwergnovae treten wie klassische Novae in Doppelsternsystemen auf, in denen ein Weißer Zwerg Materie von einem Begleitstern akkretiert. Der Unterschied liegt im Ausbruchsmechanismus:

Die Intervalllänge zwischen zwei Ausbrüchen liegt bei Zwergnovae zwischen einigen Tagen und einigen Jahren, die Dauer eines Ausbruchs etwa zwischen zwei und zwanzig Tagen; sie korreliert mit der Intervalllänge.


Eigenschaften



Aufbau


Eine Zwergnova besteht aus einem Weißen Zwerg, um den auf einer engen Bahn ein Begleiter kreist, meist ein Roter Zwerg. Da dieser sein Roche-Grenzvolumen überschritten hat, verliert er Masse, die über den inneren Lagrange-Punkt in Richtung des Weißen Zwerges fließt. Aufgrund der Drehimpulserhaltung bildet sie eine Akkretionsscheibe um den Weißen Zwerg, die die Strahlung der Zwergnova im optischen Spektralbereich dominiert. Die Materie umkreist den Weißen Zwerg und verliert aufgrund der Viskosität in der Scheibe langsam ihre Bewegungsenergie. Dadurch fällt sie nach einiger Zeit auf die Oberfläche des Weißen Zwergs.[2]


Ausbruchsmechanismus


Die Viskosität der Materie in der Akkretionsscheibe kann zwei Werte annehmen:

Als Ursache für den bistabilen Zustand der Akkretionsscheibe (auch Akkretionsscheibeninstabilität genannt) wird die Magnetorotationsinstabilität angenommen.[3]

Bei bedeckungsveränderlichen Zwergnovae kann die Entwicklung der Akkretionsscheibe beobachtet werden:

Der helle Fleck, der am Ort des Auftreffens des Materiestroms vom Begleiter auf die Akkretionsscheibe liegt, wird während der Ausbrüche heller. Wahrscheinlich ist dies eine Rückkopplung, wonach die intensiver strahlende Akkretionsscheibe die Vorderseite des Begleiters erwärmt, der daraufhin etwas expandiert und mehr Materie abgibt.[4]

Ob die Masse der Weißen Zwerge in Zwergnovae aufgrund der Akkretion anwächst, ist umstritten, da bei Novaeausbrüchen wieder Materie ausgestoßen wird. Falls die Masse anwächst, könnten die Weißen Zwerge die chandrasekharsche Grenzmasse überschreiten und als Supernova vom Typ Ia explodieren.[5]


Zusammenhang mit Novaausbrüchen

Obwohl Novae und Zwergnovae auf denselben Doppelsternen stattfinden sollten, haben Untersuchungen historischer Lichtkurven von Novae vor und nach ihren Eruptionen nie Zwergnovaausbrüche gezeigt. Stattdessen zeigen sie stets einen novaähnlichen Lichtwechsel.

Dieser scheinbare Widerspruch wird durch das Winterschlafszenario erklärt:

Dieselben kataklysmischen Veränderlichen können sowohl Novae- als auch Zwergnovaeausbrüche zeigen, z. B. GK Persei.


Röntgenstrahlung


Von allen nahen Zwergnovae konnte Röntgenstrahlung nachgewiesen werden. Die Strahlung ist in den Ruhephasen schwach und steigt während der Ausbrüche um einen Faktor 100 an. Dabei hinkt der Anstieg der Röntgenstrahlung dem der optischen um einige Stunden hinterher.

Die Quelle der energiereichen Röntgenstrahlung scheint die Grenzschicht zwischen der Akkretionsscheibe und dem Weißen Zwerg zu sein. Die Strahlung entsteht dadurch, dass in dieser Grenzschicht die Materie in der Akkretionsscheibe von der Keplergeschwindigkeit auf die wesentlich langsamere Rotationsgeschwindigkeit des Weißen Zwergs abgebremst werden muss.[7] Nach dem Modell der Akkretionsscheibeninstabilität erhöht sich irgendwo in der Scheibe die Viskosität, und diese Änderung breitet sich über die Scheibe aus. Wenn die erhöhte Viskosität und damit der erhöhte Durchsatz von Materie die Grenzschicht erreicht, steigt die Röntgenstrahlung an.[8]

Ein geringer Teil der Röntgenstrahlung kann durch Wärmestrahlung des Weißen Zwergs entstehen, der durch die Akkretion aufgeheizt wird.

Unabhängig von der Bahnneigung, unter der die Zwergnova von der Erde aus betrachtet wird, zeigen viele Röntgenspektren Anzeichen für zirkumstellare Absorption.

Parallel zu dieser Beobachtung im Bereich der Röntgenstrahlung können im Optischen P-Cygni-Profile auftreten. Dies wird als Anzeichen für einen Scheibenwind analog einem Sternwind interpretiert. Ein Abströmen von Materie aus einer Akkretionsscheibe ist auch bei anderen Objekten wie Röntgendoppelsternen, T-Tauri-Sternen usw. vermutet worden.[9]

Bei einer hohen Akkretionsrate kann es zu einem permanenten Wasserstoffbrennen auf der Oberfläche des Weißen Zwerges kommen. Da nur eine dünne Atmosphäre über der Zone mit den thermonukleare Reaktionen nach dem Bethe-Weizsäcker-Zyklus liegt, tritt extrem weiche Röntgenstrahlung aus. Aufgrund dieser niederenergetischen Röntgenstrahlung werden diese Systeme auch als Superweiche Röntgenquelle bezeichnet. Es handelt sich dabei um klassische Novae im Ausbruch in einem Zeitraum von wenigstens Jahrzehnten.[10]


Oszillation


In den Ausbrüchen einiger Zwergnovae und Novaähnlicher wurden sinusförmige Helligkeitsschwankungen geringer Amplitude (bis 0,02 %) und mit Zyklendauern von 5 bis 40 Sekunden nachgewiesen. Diese Schwankungen werden als Zwergnovaoszillationen (engl. dwarf nova oscillation) bezeichnet. Jeder Stern hat dabei seine eigene charakteristische Frequenz, die allerdings ebenso wie die Amplitude großen Schwankungen während eines Ausbruchs und zwischen verschiedenen Ausbrüchen unterworfen ist.

Die Zwergnovaoszillationen sind im optischen und im ultravioletten Bereich sowie im Bereich der weichen Röntgenstrahlung detektiert worden. Aufgrund der hohen Energie der Röntgenstrahlung wird der Ursprung der Zwergnovaoszillationen in der Nähe des Weißen Zwerges vermutet und könnte von einer Veränderung der Akkretion durch ein schwaches Magnetfeld des Weißen Zwerges hervorgerufen werden.[11]

Ein ähnliches Phänomen stellen die quasiperiodischen Oszillationen dar, die bei einigen kataklysmischen Veränderlichen parallel zu den Zwergnovaoszillationen beobachtet wurden. Der Unterschied zwischen beiden Helligkeitsschwankungen liegt in der geringeren Periodenstabilität der quasiperiodischen Oszillationen und in der Länge der Periode, die bei den quasiperiodischen Oszillationen in der Größenordnung von einigen 100 Sekunden liegt. Eventuell entsprechen die quasiperiodischen Oszillationen der Zwergnovae denen der Röntgendoppelsterne.


Untergruppen


Der General Catalogue of Variable Stars stellt folgende Struktur auf:

Weitere Gruppen von Sternen zeigen Zwergnova-Ausbrüche, die meisten werden aber den Novae zugeordnet:


Zuordnungen


Die Klassifizierung der Zwergnovae ist nicht immer ganz eindeutig. So zeigte im Jahre 1985 der Prototyp der normalen Zwergnovae, U Geminorum, ein Supermaximum mit einer Ausbruchsdauer von 39 statt 12 Tagen und dem Auftreten von Superhumps.

Die Superausbrüche der SU-Ursae Maioris-Sterne und TOADs erfordern einen anderen Mechanismus als den von normalen Maxima. Dabei entwickeln sich alle Superausbrüche aus einem fehlgeschlagenen normalen Ausbruch und diese Systeme haben eine Umlaufdauer von weniger als 2 Stunden. Während eines Superausbruchs wird bis zu 80 % der in der Akkretionsscheibe gespeicherten Masse auf den Weißen Zwerg transferiert im Vergleich zu wenigen Prozent bei den U-Gem-Sternen.[14] In der Literatur werden drei Modelle diskutiert:[15]


Vorkommen in Sternkatalogen


Der General Catalogue of Variable Stars listet aktuell etwas über 400 Sterne (knapp 1 % der Sterne in diesem Katalog), welche in eine Untergruppe der Zwergnovae eingeteilt werden. Davon werden nicht ganz 200 mit dem Kürzel UG für U-Geminorum-Sterne, etwa 120 mit UGSU den SU-Ursae-Majoris-Sternen und etwa 80 mit UGSS den SS-Cygni-Sternen zugeordnet. Die Z-Camelopardalis-Sterne bilden mit etwa 25 Stück die kleinste Untergruppe. Zu dieser Gruppe hinzu kommen noch etwas über 100 vermutete Zwergnovae.[17]


Verwandte Ausbrüche


Das Modell der Akkretionsscheibeninstabilität wird nicht nur für die Beschreibung der Ausbrüche von Zwergnovae verwendet, sondern auch für folgende Phänomene:


Beispiele




Commons: Zwergnova – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. C. Hoffmeister, G. Richter, W. Wenzel: Veränderliche Sterne. 3. Auflage. Barth, Leipzig 1990, ISBN 3-335-00224-5.
  2. Michael F. Bode, A. Evans: Classical novae. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-84330-0.
  3. S. N. Shore, M. Livio, E. P. J. van den Heuvel: Interacting Binaries. Springer, Berlin 1994, ISBN 3-540-57014-4.
  4. Gavin Ramsay, John K. Cannizzo, Steve B. Howell, Matt A. Wood, Martin Still, Thomas Barclay, Alan Smale: Kepler Observations of V447 Lyr: An Eclipsing U Gem Cataclysmic Variable. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2012, arxiv:1207.1224v1.
  5. Bo Wanga, Zhanwen Hana: Progenitors of type Ia supernovae. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2012, arxiv:1204.1155v1.
  6. Michael M. Shara, Trisha Mizusawa, Peter Wehinger, David Zurek, Christopher D. Martin, James D. Neill, Karl Forster, Mark Seibert: AT Cnc: A Second Dwarf Nova with a Classical Nova Shell. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2012, arxiv:1208.1280.
  7. S. Balman, P. Godon, E. M. Sion, J.-U. Ness, E. Schlegel, P. E. Barrett, P. Szkody: XMM-Newton observations of the dwarf nova RU Peg in quiescence: Probe of the boundary layer. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arxiv:1108.2662v1.
  8. Walter Lewin, Michael van der Klies: Compact Stellar X-ray Sources (Cambridge Astrophysics). Cambridge University Press, Cambridge 2010, ISBN 978-0-521-15806-0.
  9. Kei Saitou u. a.: Suzaku X-Ray Observation of the Dwarf Nova Z Camelopardalis at the Onset of an Optical Outburst. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2012, arxiv:1202.6226v1.
  10. Joseph Patterson, John R. Thorstensen, Robert Fried, David R. Skillman, Lewis M. Cook and Lasse Jensen: Superhumps in Cataclysmic Binaries. XX. V751 Cygni. In: Publications of the Astronomical Society of the Pacific. Band 113, 2001, S. 72–81, doi:10.1086/317973.
  11. Patrick A. Woudt, Brian Warner: Dwarf Nova Oscillations and Quasi-Periodic Oscillations in Cataclysmic Variables: I. Observations of VW Hyi. In: Monthly Notice of the Royal Astronomical Society. Band 333, 2002, S. 411–422, doi:10.1046/j.1365-8711.2002.05415.x.
  12. VARIABLE STAR TYPE DESIGNATIONS IN VSX. In: VSX. AAVSO, abgerufen am 25. April 2019.
  13. Brian Warner: Cataclysmic Variable Stars. Cambridge University Press, New York 2003, ISBN 0-521-54209-X.
  14. John K. Cannizzo: The Shape of Long Outbursts in U Gem Type Dwarf Novae from AAVSO Data. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2012, arxiv:1208.5477.
  15. E. Kuulkers u. a.: Secular changes in the quiescence of WZ Sge: the development of a cavity in the inner disk. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arxiv:1001.4975.
  16. Yoji Osaki u. a.: The Cause of the Superoutburst in SU UMa Stars is Finally Revealed by Kepler Light Curve of V1504 Cygni. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2012, arxiv:1212.1516.
  17. Variability types General Catalogue of Variable Stars, Sternberg Astronomical Institute, Moscow, Russia. Abgerufen am 28. September 2019.
  18. G. Nelemans: AM CVn stars. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2005, arxiv:astro-ph/0409676v2.
  19. Lee Hartmann: Accretion Processes in Star Formation (Cambridge Astrophysics). Cambridge University Press, Cambridge 2001, ISBN 978-0-521-78520-4.

На других языках


- [de] Zwergnova

[en] Dwarf nova

A U Geminorum-type variable star, or dwarf nova (pl. novae) is one of several types of cataclysmic variable star, consisting of a close binary star system in which one of the components is a white dwarf that accretes matter from its companion. Dwarf novae are dimmer and repeat more frequently than "classical" novae.[1]

[es] Nova enana

Una nova enana es un tipo de estrella variable cataclísmica que aumenta su brillo de forma abrupta e impredecible en un factor entre 5 y 250 (de 2 a 6 magnitudes). El aumento hasta el máximo brillo sucede en menos de un día, mientras que la disminución hasta la inactividad tiene lugar durante varios días o semanas.[1] El arquetipo de este tipo de variables es la estrella U Geminorum.

[ru] Карликовая новая

Карликовые новые или звезды типа U Близнецов (U Gem, UG) являются одним из видов катаклизмических переменных звёзд[1] — тесной двойной звёздной системой, в которой один из компонентов — белый карлик, на который аккрецируется вещество со спутника. Они похожи на классические новые звёзды в том плане, что белый карлик участвует в периодических вспышках, но механизмы вспышек разные: в классических новых звёздах вспышка — результат термоядерной реакции и детонации аккрецировавшего водорода, в то время как современная теория предполагает, что вспышка карликовой новой — результат нестабильности в аккреционном диске, когда газ в диске достигает критической температуры, что приводит к изменению вязкости, и часть вещества выпадает на белый карлик, в результате чего высвобождается большое количество энергии[2][3].



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